Kommentar: Kretzschmar hatte keine Chance


Dass für Sportarten neben dem Fußball in Deutschland schwer ist sich im hart umkämpften TV-Markt zu etablieren war jedem bewusst, der sich ein wenig genauer mit der Materie beschäftigt. Die Fans des Handballs hofften aber, dass es mit Beginn der aktuellen Saison möglich sei zumindest ein wenig aus dem Schatten herausspringen, denn immerhin hatte sich der Pay-TV-Sender Sky in Kooperation mit ARD und ZDF die Übertragungsrechte geangelt. 

Gleichzeitig wurde ein Handball-Talk mit Ikone Stefan Kretzschmar installiert, immer sonntags um 17 Uhr, noch dazu auf dem einzigen Free-TV-Kanal des Bezahlfernsehens, Sky Sports News HD. Nach einem nervösen Auftritt zur Premiere wusste der ehemalige Weltklassespieler immer mehr zu überzeugen, wobei die Auswahl der Gäste und die Einbindung von Social Media nicht immer glücklich verlief. 

Nun, nach etwas mehr als vier Monaten Sendezeit, wird das Format eingestampft. Die Quoten waren letztendlich dafür hauptverantwortlich, hinzu kamen parallele Übertragungen von Partien aus der Champions League, die ausgerechnet die eigene Zielgruppe beschnitten. Während Sky selbst kurzen Prozess machte und die Sendung nicht wenigstens noch bis Ende der Saison am Leben hielt, ist dies ein erster Nackenschlag für die Verantwortlichen. 

Doch damit soll nicht gesagt sein, dass eine Anhäufung falscher Entscheidungen dafür ursächlich sei, sondern vielmehr das Sehverhalten der deutschen Zuschauer. Handball ist, dem kann man sich leider nicht verschließen, eine Randsportart. Wenn Hüttenberg im Derby Wetzlar empfängt oder Minden im Nachbarschaftsduell gegen Nettelstedt ran muss, dann interessiert das klar ausgesprochen keine Sau, so schade es auch ist. 

Man kann Sky definitiv nicht nachsagen, dass man es nicht versucht hätte. Der bekannteste Name der Sportart wurde als Zugpferd verpflichtet, eine nachvollziehbare wie richtige Entscheidung. Das Format war frisch, es zeigte andere Perspektiven auf, wobei etwas mehr Schärfe sicherlich nicht geschadet hätte. Aber wäre der Zuspruch seitens des Zuschauers dann wirklich größer gewesen, wenn mehr klare Kante gezeigt worden wäre? 

Machen wir uns nichts vor, die Liga ist mit diesem TV-Vertrag ein Risiko eingegangen, man hat sich bewusst für den Weg hinter die Bezahlschranke entschieden. Dass alle Spiele zu sehen sind, mag für den Handballfan an sich eine tolle Sache sein und entspricht definitiv auch dem technischen Fortschritt. Täuschen lassen sollte man sich aber nicht von Topquoten wie zuletzt im Duell zwischen Flensburg und Kiel. 

Bleibt man realistisch, dann wird Sky in der kommenden Spielzeit bereits den Aufwand deutlich herunterfahren. Das vertragliche Minimum sieht 200 Live-Spiele pro Saison vor. Stören würde es nur wenige, einen Aufschrei wird es nicht geben. Selbst im Fußball locken Partien wie Hoffenheim gegen Augsburg kaum jemanden hinter dem Ofen hervor. Man muss ehrlich sein, Handball ist ein Sport für die, die ihn lieben. Diese Liebe kann man allerdings nicht von allen erwarten.

Hinzu kommt, dass die Übertragungen inhaltlich und produktionstechnisch teilweise stark abfallen, was überhaupt nicht der Denkweise eines Hochglanzsenders, als der sich Sky sieht, entspricht. Den Augenblick, in dem wir noch alle Spiele bei einem Anbieter verfolgen dürfen, sollte man genießen, denn ein Dauerzustand wird es definitiv nicht sein, wie das abrupte Ende von Kretzschmars 
Talksendung leidvoll unter Beweis stellt.

Sascha Staat