Es war kurz nach 20 Uhr,
als die ARD sich über die sozialen Medien bei den Zuschauern versuchte zu
entschuldigen. Es blieb bei einem Versuch, denn die Empörung war groß. Absolut
verständlich, denn nur wenige Minuten zuvor hatte die GEZ-finanzierte TV-Anstalt
es zustande gebracht 40 Sekunden vor Ende des Bundesliga-Spitzenspiels zwischen
dem SC Magdeburg und dem THW Kiel plötzlich in die Werbung zu schalten.
Dabei handelte es sich "offenbar
um einen technischen Fehler", merkte Das Erste an. Eine Aussage, die umso
mehr wie blanker Hohn klingt, wenn man sich die Worte von Kommentator Florian
Naß in Erinnerung ruft. "Ich ahne schon, wie die Kollegen in Hamburg bei
der Tagesschau nervös werden", hatte er geunkt. Ein Schelm, wer Böses dabei
denkt, dass zudem die Sendezeit im Vorfeld nur bis 19:57 Uhr angegeben war.
Dass die Begegnung zu
diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden gewesen ist, sollte dabei nicht als
Argument bei der Bewertung herangeführt werden. Es geht nämlich um die Tatsache
selbst und den Umgang mit der Sportart Handball. Wer die Partie erst um 18:10
Uhr ansetzt weiß, dass es zum Ende hin knapp werden könnte. So viel Sachverstand
sollte den Verantwortlichen und Sendeplanern dann doch zugetraut werden.
Nach 20 Uhr dürfen die
Öffentlich-Rechtlichen keine Werbung mehr senden. Daher war schon vorab klar,
dass es ausführliche Interviews und eine Nachberichterstattung definitiv nicht
geben würde. In Kombination mit den Lottozahlen, die auch in der Tagesschau
vorgelesen werden, ist die Reklame einfach wichtiger, als bei einem
Handball-Spiel bis zum Ende auf Sendung zu bleiben. Sie bringt Geld, ein paar
aufgeregte Zuschauer spielen da keine Rolle.
So weit zu gehen wie
einige, die nun die Entlassung der Verantwortlichen fordern, ist ganz bestimmt der
falsche Weg. Es würde keine Veränderung herbeiführen. Ein Umdenken wird nicht
stattfinden, dieser Illusion sollte man sich nicht hingeben. Der Handball ist
ein Lückenfüller, wenn der Fußball gerade mal keine Zeit hat. Er muss
einspringen und wenn dabei ein paar Leute zuschauen, dann ist das umso besser.
Überlebenswichtig ist es nicht.
Gestern saßen 1,57
Millionen Zuschauer vor den TV-Geräten. Eine verschwindend geringe Zahl, bei
Quizsendungen oder Vorabendkrimis sind es deutlich mehr. Deswegen muss man
ernüchternd festhalten, dass die Bundesliga-Übertragungen in der ARD die
Handballgemeinde interessiert. Mehr aber auch nicht. Der Fußball hingegen ist
so heilig, dass die Tagesthemen verkürzt und in der Halbzeitpause gesendet
werden. Bezeichnend.
Dass die großen Turniere
in Zukunft sehr langfristig bei den ÖR zu sehen sein werden, liegt nicht an der
Liebe zur Sportart, sondern an den hohen Zuschauerzahlen, die Spiele mit der DHB-Auswahl
versprechen. Scheidet sie aus, dann ist das Turnier beendet, zumindest für ARD
und ZDF. So traurig es klingt, so wahr ist es auch: Handball ist und bleibt,
zumindest für das Free-TV, ein Sport zweiter Klasse. Wer dafür noch einen
Beweis brauchte, der hat ihn endgültig bekommen.
Sascha Staat